Die Gerlachs in Fürstenwalde
Von Erkner nach Fürstenwalde
Zumindest alten Fürstenwaldern dürften die beiden oberen Bilder links noch im Gedächtnis sein. Sie zeigen die “Villa Ruth” in der Ackerstraße 5, kurz vor der Küstriner Str. rechts sowie das Landmaschinenkontor der Firma Rob. Carl Gerlach – Landmaschinen in Fürstenwalde am Güterbahnhof.
Die Familie zog um 1912 von Erkner, wo Rob. Carl in einen Kolonial- und Landwarenhandel einheiratete, nach Fürstenwalde. Die Gerlachs kauften Haus und Grundstück in der Ackerstraße 5 (heute Karl-Cheret-Str.) Der älteste Sohn Herbert (mein Vater) war damals etwa 3 Jahre alt. Der Schriftzug “Villa Ruth” ist an dem bis heute stehenden und liebevoll rekonstruierten Haus immer noch zu sehen. Auch der Klingelknopf am Torpfeiler weist noch auf die “Gerlachs” hin.
Das Geschäft wurde neu ausgerichtet und man fixierte sich fortan auf den Handel mit Landmaschinen und Ersatzteilen für diese. Von 1914 bis 1918 musste der Betrieb ruhen, weil Rob. Carl zum Militärdienst im I. Weltkrieg eingezogen wurde. In der darauf folgenden Zeit konnte sich der Betrieb trotz Weltwirtschaftskrise gut entwickeln.
Bis 1930 war das Geschäft auf eine beachtliche Größe angewachsen. Die Firma hatte unter anderem die Generalvertretung der Landmaschinenhersteller „SAXONIA“ und „KRUPP“ für die gesamte Mark und die Neumark inne.
Rob. Carl führte um diese Zeit das Kontor mit seinen Angestellten. Sohn Herbert bereiste mit dem Brennabor der Familie die Mark Brandenburg und die Neumark als Vertreter der Firma Rob. Carl Gerlach – Landmaschinen Fürstenwalde. Die Firma beschäftigte 10 Mitarbeiter.
Nach 1945
Nach dem 2. Weltkrieg war der Landmaschinenhandel am Bahnhof Fürstenwalde, wie auch das übrige Fürstenwalde zerstört. Vater und Sohn packten noch einmal an und bargen die wertvollen Ersatzteile und was sonst noch von den Landmaschinen zu gebrauchen war. Der Bedarf an Ersatzteilen für die sich wieder entwickelnde Landwirtschaft, nun nur noch in Brandenburg, war riesig, so dass es eigentlich hätte wieder aufwärts gehen können. Mit der Machtergreifung der Kommunisten und der Gründung der DDR war das aber beendet. Im Kreisarchiv LOS findet man unter der Aktensignatur KALOS F/S-3674 nähere Informationen.
Rob. Carl Gerlach wurde 1946 enteignet und der Betrieb unter treuhänderische Verwaltung gestellt. Erst im Oktober 1948 erhielt er seinen Betrieb zurück. Allerdings wurde ihm die Großhandeslkonzession verwehrt und er durfte nur noch Reparaturen an Landmaschinen ausführen und einen Kleinhandel mit Ersatzteilen betreiben. Auf sein Fachwissen und seine Kontakte wollte man nicht verzichten.
Die Provinzialregierung Brandenburgs erkannte die Versorgung der sozialistischen Landwirtschaft mit Maschinen und Ersatzteilen als so vehement wichtig, dass sie das unmöglich in den Händen eines bürgerlichen Privatmannes belassen konnte. Das übernahm nun das spätere Kreiskontor auf der Ecke Trebuser-Thälmannstraße (zeitweise Videothek, Knabber-Fisch-Oase und Geschäftshaus).
Rob. Carl betrieb aber bis zu seinem Tode in der heutigen Ehrenfried-Jopp-Str. einen kleinen Handel mit Ersatzteilen für alte Landmaschinen und verkaufte an die Bauern im Umland, die dankbar für jede Hilfe bei Defekten an ihren alten Maschinen waren.
Auf dem Grundstück befindet sich heute die Fleischerei Ziem.
Gegenüber der Fleischerei Ziem, in den sogenannten Morgenländern, befand sich früher die Ofenkachelfabrik und dahinter die letzte Scharfrichterei Fürstenwaldes.
Heute leben noch 2 Enkelkinder von Rob.Carl Gerlach mit ihren Familien in Fürstenwalde. Ob mein Großvater wusste, dass seine Vorfahren Scharfrichter in Fürstenwalde waren?
Ich glaube nicht.